MinenSpiel

Ausgezeichnet mit dem Münchner Jugend-Dramatiker-Preis 2006 „Das Stück von Wolfgang Sréter beschreibt eine Wirklichkeit, die häufig verdrängt wird. Die Kriege im 21. Jahrhundert sind auch die Kriege, in denen Kinder zu Soldaten gemacht werden und in denen Kinder gleichzeitig die Opfer der Auseinandersetzungen sind. Jedes Kind bei uns kennt inzwischen die Bilder dieser Kriege aus den Medien. Sréters Stück gibt keine Antworten auf die alltäglichen Schreckensmeldungen und keine Handlungsanweisungen. Es beschreibt mit großem Verständnis eine Situation zwischen einem alten Mann, dessen Lebenstraum, sein eigenes Haus, zerbombt wurde und einem Kind, das sich im Kampf ums Überleben in dieses Haus gerettet hat. Es entsteht eine exemplarische Situation auf engstem Raum, welche die aktuelle Lage von Kindern in unserem von Kriegen geplagten Jahrhundert sehr verständnisreich reflektiert. Großes Theater auf kleinstem Raum.“ (Jürgen Flügge, Jurymitglied) Theaterstückverlag München www.theaterstueckverlag.de

Der Mann sitzt vor dem Haus, das Fernglas umgehängt. Ein von der Musikerin begleitetes Stöhnen lässt den Mann aufhorchen. Er bleibt lange stehen und lauscht, bevor er mit einem Stock, der Waffe und Stütze sein kann, hinter die Hütte geht.
Der verletzte Junge wird von dem Mann mehr geschleift als getragen. Der Junge wirkt zuweilen abwesend, als könnte er sich nicht richtig konzentrieren.

MANN (setzt ihn so behutsam wie möglich an das ausgebrannte Auto und untersucht die Wunde)
Gott sei Dank, daran stirbt man nicht. Du wirst staunen, ich bin ausgerüstet wie ein Apotheker.
(verschwindet in der Hütte und kommt mit einem Korb, in dem er die Medikamente aufbewahrt, zurück) Ich muss die Wunde desinfizieren … dann bekommst du einen Verband.
Ich weiß, es schmerzt. Du bist ein Glückspilz … hätte dir ein Bein wegreißen können.

JUNGE Warum?

MANN Ich hör’s doch jeden Tag. Du machst ein Spiel daraus …oder verkaufst du sie?

JUNGE Ich bin gestürzt.

MANN Stillhalten. Und erzähl mir keine Geschichten. So, jetzt der Verband.
Du musst mir helfen. Nächste Woche kannst du wieder tanzen.

Die Musikerin intoniert ein Tanzlied.

JUNGE Ich tanze nicht.

Die Musikerin bricht das Tanzlied ab.

MANN Woher kommst du?

Der Junge schweigt und der Mann versucht vorsichtig, aber misstrauisch dem Jungen gegenüber den Verband fertig zu stellen. Als er die Medikamente ins Haus bringen will, versucht der Junge zu fliehen. Er kann nur auf einem Bein humpeln.

Du wirst eine Zeit lang hier bleiben müssen.

JUNGE Gib mir deinen Stock.

MANN Mein Vater sagte immer: Gleich bekommst du den Stock. (lacht)

JUNGE Gib mir deinen Stock!
(muss sich wieder setzen)

MANN Möchtest du etwas essen?